Bedeutende frühmittelalterliche Gräberfunde
in München-Perlach

Quelle: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Hofgraben 4, 80539 München

Bei der Anlage eines Spielplatzes in München-Perlach gelang es der Grabungsfirma ARDI GmbH im Jahr 1999, ein größeres Siedlungsareal archäologisch zu untersuchen. Die Grabungen wurden im Auftrag des Gartenbaureferats der Landeshauptstadt München unter der Fachaufsicht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege durchgeführt, welche auch die wissenschaftliche Auswertung übernahm.


Grünanlage Schmidbauer-/Hofangerstr.

Auf dem insgesamt 3700 m2 großen Gelände kamen Siedlungsspuren unterschiedlicher Epochen zutage. So fanden sich zunächst Hinweise auf einen römischen Gutshof, dessen Pfosten, Gruben, Keller, Ofen und Zaungräben sich als Verfärbungen im Boden erhalten hatten. Von besonderem Interesse ist eine Wassermühle, die bereits 1995 ausgegraben werden konnte. Die Funde, darunter eine schöne Gewandspange, Eisenbeschläge und Keramik, lassen auf einen Siedlungszeitraum zwischen 100 und 450 n. Chr. schließen. Nach den 300 Jahren römischer Besiedlung ließen sich gegen Ende der Völkerwanderungszeit um 500 n. Chr. auf diesem Platz neue Herren nieder. Sie dürften neben den in Altenerding dokumentierten zu den ältesten germanischen Siedlern der gesamten Münchner Schotterebene gehören. Aus Leuten wie ihnen sollte sich in den nächsten Jahrzehnten der Stamm der Bajuwaren entwickeln.
Leider ließen sich keine germanischen Siedlungsspuren mehr finden, dafür aber ein Friedhof mit 30 Körperbestattungen. Die westöstlich ausgerichteten, ungestörten Gräber wurden gruppenweise nach Familien angelegt. Den Toten gab man ihre persönliche Habe, wie Schmuck, Waffen und Gerät, mit auf den Weg ins Jenseits. Für den Archäologen sind diese Grabbeigaben von hohem Aussagewert. Sie geben u.a. Auskunft über die Herkunft, Sozialstruktur, Lebensgewohnheiten, Glaubenswelten, Handelsverbindungen und den wirtschaftlichen Hintergrund der frühmittelalterlichen Siedler. Da der Stamm der Bajuwaren erst am Ende der Völkerwanderungszeit ins Licht der Geschichte tritt und ihre Stammesbildung noch nicht vollständig geklärt ist, stellt jeder neue ergrabene Friedhof dieser Epoche eine große Besonderheit dar.
Die Archäologen erhoffen sich durch die wissenschaftliche Auswertung der Funde und Befunde aus München-Perlach Hinweise darauf, aus welchen germanischen Siedlungssplittem und unter welchen Verhältnissen sich die Bajuwaren vor Ort herausgebildet haben. Immerhin ist mit vielschichtigen Bevölkerungsverschiebungen zu rechnen, lassen sich doch im Fundmaterial alamannische, thüringische, gotische und einheimisch-romanische Elemente ausmachen. Unter der Oberhoheit des Ostgotenkönigs Theoderich (493-526) konnte sich demnach ein buntes Völkergernisch zu einem einheitlichen Stamm entwickeln. Die römischen und frühmittelalterlichen Funde wurden in den Werkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege restauriert.
Die Landeshauptstadt München möchte als Eigentümerin der Funde diese in der Prähistorischen Staatssammlung präsentieren.